Die böse 4 rückt an

Submitted by James on Sat, 05/03/2025 - 20:20

Mein letzter Beitrag als Mitglied des 30er Clubs. Morgen beginnt ein neues Jahrzehnt für mich, die “böse 4” steht dann vorn.

Eigentlich juckt mich das Alter so gar nicht. Es ist nur eine Zahl. Man ist so alt wie man sich fühlt. Das aber ist ein gefährlicher Spruch. Wenn ich nach dem gehe, was ich erlebt habe, bin ich vermutlich in meinen Mittsechzigern. Mein Körper sagt das jedenfalls schon. Diverse (größere) Wehwehchen - auch solche, die sonst erst im höheren Alter erwartet werden.

Aber der Reihe nach.

3. Mai 2025

Als gebürtiger Bayer lebte ich bis zu meinem 22. Lebensjahr noch im südlichsten Bayern, im Ostallgäu. Die Familiengeschichte war an allen Fronten turbulent. Diverse sehr einschneidende Erlebnisse prägten mich von früher Jugend an. Ich gehe hier nicht weiter ins Detail, das sprengt den Rahmen. Aber vieles war etwas, das andere Kinder gerade in solch vermeintlicher Idylle nicht erleben.

Dazu kam meine “besondere Lebensart”, wie es da schon mal gern genannt wurde. Oder eben kurz gesagt, ich passte nicht in die engstirnige Norm der Südbayern. Mit dem Wechsel meines Vornamens und meines Geschlechtseintrages hatten viele massive Probleme. Und die wurden dann wiederum zu meinen.

 

Der Umgang mit mir und meinem Umfeld war derb, in vielerlei Hinsicht. Vermutlich stammt aus der Zeit und den Jahren davor mein mangelnder Glaube an mich und mein Können.

Nach einem sehr mäßigen Schulabschluss folgten Jahre mit Überbrückung durch Hilfsjobs. Die erste eigene Wohnung samt Lebensunterhalt mit meiner damaligen Freundin musste ja finanziert werden. 

Meinen Anlauf zum Erwerb eines Führerscheins scheiterte wie vieles andere in der Zeit auch.

Kurz gesagt, das Leben war echt hart. Dazu kam bald darauf der Verlust meiner Mutter aufgrund sehr tragischer Umstände fast zeitgleich mit meinem Umzug in meine neue Wahlheimat. 

 

Letztlich dann in doppelter Form eine Flucht nach vorn.

Es folgten Wochen in einer Klinik und Therapie, bis ich stabil genug war, mein Leben neu anzugreifen. Und dazu kratzte ich allen Mut und Kraft zusammen.

Ich begann eine Umschulung im Berufsförderungswerk Köln. Das erste Mal, dass jemand von außerhalb an mich glaubte. Die Tutoren, Mitschüler*innen und meine Arbeitsvermittlerin. Die jahrelang gefestigte Prüfungsangst griff ich mit Hilfe an und schaffte tatsächlich meine Ausbildung zum Kaufmann im Gesundheitswesen im Juli 2011 mit einer sehr guten 2.

In der Ausbildung traf ich zudem meine Liebste. Naja eigentlich kannten wir uns schon seit 2006, also noch als ich in Bayern lebte, aber erst in Köln kamen wir zusammen und wechselten von einer platonischen Freundschaft in die tiefste Liebe, die ich je erleben durfte.

 

Im November 2011 fand ich dann auch den Job, in dem ich noch heute arbeite. Damals angefangen im mittleren Dienst des öffentlichen Dienstes, mittlerweile im gehobenen Dienst und auf dem Weg zum Teamleiter.

Im Job werde ich sehr geschätzt, sei es wegen meines über Jahre erworbenen Fachwissens oder eben meines Wesens.

Auch hier glauben aber viele mehr an mich als ich an mich selbst. Mit alten Gewohnheiten brechen ist eben echt schwer.

Wir

Wieso erzähl ich das alles? Gute Frage… wegen der jetzt drohenden bösen 4? Ja vielleicht. Eventuell aber auch als Ansporn für alle da draußen, die eine scheiss Zeit durchmachen und kein Licht am Ende des Tunnels sehen. Glaubt mir, es wird besser. Es ist hart, aber es wird besser.

 

Und jetzt harre ich der Dinge, die da kommen mögen. Morgen, mit Ankunft der bösen 4. 

Auf jeden Fall danke ich an der Stelle allen, die in den Jahren an meiner Seite waren, an mich geglaubt und mich auch nie aufgegeben haben. Ganz viel Liebe an euch. Ihr wisst, wen ich meine. ❤️

Mit besten Grüßen aus dem Kurzurlaub in Dangast am Jadebusen (an der Nordsee). Hierhin haben wir uns verzogen, um dieses Ereignis allein zu begehen… oder gar feiern? Wer weiß.