Da ist er also, der Tag X. Die 1. OP meiner Frau wegen ihres Lipödems. Nach jahrelanger erfolgloser Kämpferei mit Krankenkassen, beißen wir in den sauren Apfel und zahlen die notwendigen OPs selbst.
Aber was ist die eigene Gesundheit wert?
Nicht 24/7 Schmerzen zu haben und die gesamte Freizeitplanung danach auszurichten, ob mehr als 100 m Laufen am Stück geht. Und ohne Schmerzmittel arbeiten gehen zu können. Die Wegstrecke nach Hause am Stück ohne Pause auf Raststätten machen zu müssen.
Die Möglichkeit nicht nur endlich wieder Klamotten kaufen die auch passen, an allen Stellen des Körpers.
Restaurants danach auszusuchen, wo es uns gefällt und nicht, ob die Stühle bequem genug zum Sitzen sind.
Und und und…
Das Einchecken in die PAN Klinik in Köln war problemlos, das Zweibettzimmer hell und freundlich mit riesigem Badezimmer. Punkt 9.50 Uhr waren wir da, warteten bis 10.30 Uhr.
Dann wurde Bine aufgefordert, die sexy Netzunterhose und OP Kittel anzuziehen. Zuvor war Bine nervös, aber relativ ruhig. Ab dem Zeitpunkt bekam sie Angst, weinte und wollte nach Hause. Die beiden sehr netten Schwestern und ich beruhigten sie aber, so dass sie nach vielen zwischen uns ausgetauschten Küssen mit dem Bett zum OP fuhr.
Ich sitze nun in einem Cafe, hole mein Frühstück nach (ich habe wie meine Frau auf alles Essen und Trinken seit gestern 22 Uhr verzichtet) und warte auf den in etwa 3 bis 4 Stunden kommenden Anruf, dass sie im Zimmer und bereit für Besuch ist.
Auch ich habe etwas Angst. Jede OP birgt Risiken. So auch diese, denn ein Spaziergang ist dies nicht. Dem Körper wird eine Menge zugemutet, es wird neben dem krankhaften Fettgewebe ja auch Wasser und Blut entzogen und somit der Kreislauf stark belastet. Zudem ist es Bines erste OP in Vollnarkose, wir wissen also nicht, wie sie diese verträgt. Und natürlich kann auch etwas schiefgehen, wie bei allen OPs.
Ich werde für Bine da sein, egal was kommt. Aber nun heißt es erst einmal warten und hoffen.
14.54 Uhr: Die Pflegerin der Bettenstation ruft mich an. Bine ist wohlbehalten im Zimmer, sie ist wach aber etwas matschig. Ich mach mich sofort auf den Weg in die Klinik.
Es konnte die geplante Menge von 10 Litern an den Vorderseiten der Beine abgesaugt werden.
Bei meiner Ankunft im Zimmer hat sie Appetit und isst nun Butterbrot mit Tee dazu. Ein gutes Zeichen.
16.00 Uhr: der 1. Toilettengang ist erledigt. Der Magen hat was bekommen und bald gibt es Kaffee. Es geht bergauf.
19.27 Uhr: Abendessen ist vertilgt, bereits 2 Mal war sie zu Fuß im Badezimmer und durfte ein wenig im Zimmer auf und ab laufen. Beim zurück ins Bett kriechen ging es dann los mit dem "Vollsauen" der Bandagen. An der Innenseite des rechten Knies hat es die Bandagen vollgeblutet, aber das ist wohl normal. Ansonsten fühlt es sich wie ein starker Muskelkater an und ein Brennen hier und da an den Einstichstellen. Sonst geht es ihr bisher sehr gut.
Tag 1 nach der OP. Die Nacht war kurz aber ruhig, für uns beide. Ich war einsam allein in unserem Bett. Auch Bine schlief nur bis halb 5. Allerdings stehen wir unter der Woche sonst auch um 5 Uhr auf um arbeiten zu gehen.
Als ich kurz nach 8 Uhr in ihrem Zimmer ankam, frühstückte sie gerade. Danach ging es recht flott.
Die Infusionsnadel wurde aus dem linken Arm gezogen, die Beine von Bandagen, Pflastern und Polstern befreit und es zeigte sich trotz Schwellungen bereits ein deutlicher Unterschied.
Abgesaugt wurde sogar bis zur Hüfte. 10 Liter sind nun weg, mehr ging nicht, es wäre sonst lebensbedrohlich. Es wäre rein von vorhandener Menge wohl noch mehr nötig bzw. möglich gewesen. Wir werden aber sehen.
Nachdem die Ärztin und ich Bine in ihre Kompressionshose gestopft haben, verließen wir nach kurzer Verschnaufpause die Klinik. Per Taxi ging es nach Hause. Hier heißt es erstmal regenerieren. Nun zeigt sich was sich in 14 Tagen tut.
Die vom Arzt verschriebenen Medikamente mussten noch besorgt werden und waren nochmals teuer. Gut 18 Euro für Antibiotikum und gut 85 Euro (!) für 10 (!) Thrombosespritzen, die wohl spezieller sind als jene, die ich so kenne. 5 Apotheken später und rund 100 Euro ärmer fuhr ich zu Bine nach Hause.
Tag 2 nach der OP. Die Nacht war recht ruhig, geschlafen hat sie relativ gut. Nur schmerzt der Hintern immer wieder, da hauptsächlich auf dem Rücken liegen oder sitzen angesagt ist.
Heute stand dann das erste Mal wechseln der Kompression an. Laut Anordnung vom Doc: nicht ohne Schmerzmittel. Das Ausziehen der Hose war schmerzhaft aber schnell vorbei. Anschließend wusch ich ihr einen Großteil des Braunol (Desinfektionslösung aus dem OP) so gut es ohne Rubbeln ging von den Beinen. Dann wechselte ich ein paar der Pflaster, was je nach Stelle doch sehr schmerzhaft war. Die Haut und die Areale darunter sind eben ordentlich gereizt. Dabei hatten wir aber mal Gelegenheit, uns das Ganze anzusehen. Ganze 21 Einstichstellen mit je 1 oder 2 Stichen genäht befinden sich an den Beinen.
Nach dem Kleben neuer Pflaster ging es zurück in eine frische Unterhose und frische Kompression. Autsch! Das tat mir auch beim Anziehen schon weh. Leider rollte sich ein Pflaster am Schienbein auf, also wieder fast ganz raus, neues Pflaster und rein in die Hose.
Rein farblich sind die Beine recht bunt, neben Braunolresten sind dort Hämatome aller Farben und Größen. Am schlimmsten auf den Oberschenkelrückseiten, Dank Schwerkraft sackt das Blut dort ab.
Bine war nach der Umziehprozedur ordentlich kaputt und daher hieß es, Nickerchen auf der Couch machen. Auch der Kreislauf will heute nicht so richtig, gegen Abend wurde es besser.
Der 3. Tag nach der OP fing nicht gut an. Bine hatte starke Schmerzen, ihr war schlecht und der Kreislauf spielte Achterbahn. Es dauerte eine Weile, ehe sich das regulierte und die Schmerzmittel waren von Nöten. Den ganzen Tag hatte sie immer wieder mal stärkere Schmerzen, aber wie auch die Tage zuvor halfen Ruhen und viele Kühlpacks.
Das Ausziehen der Komoression war sehr mühselig, ebenso die Ganzkörperwäsche. Eigentlich dürfte sie ab jetzt duschen, aber die wackeligen Knie durch den flatternden Kreislauf ließen uns von dem Gedanken abkommen. So folgte eben eine Ganzkörperwaschung liegend im Bett. Nach dem Wechseln von 3 der 21 Pflaster auf den Nähten, kämpften wir sie in die Kompression.
Der Rest des Tages war Ausruhen und wenig Bewegung für sie, während ich durch die Gegend wuselte. Hoffen wir, die folgenden Tage weerde besser.
Tag 4 Post-OP. Auch heute ist alles sehr mühselig, ganze 2 Mal klappte der Kreislauf etwas weg, inkl. fahler Lippen, Flirren vor den Augen, Übelkeit usw. Also wieder kein kleiner Spaziergang draußen. Dafür das 1. Mal duschen nach der OP, wenngleich das 2. Kreislaufkarussel danach kam.
Die Schwellungen an den Beinen sind mittlerweile sehr deutlich.
Die Einstichstellen verheilen jedoch bestens und die Pflaster sollen nur dafür sorgen, dass die Fäden nicht an der Hose hängenbleiben.
Nach den Pflasterwechseln und Reinkämpfen in die Kompri (die Prozedur davor dauerte 1 1/2 Std), hieß es den Rest des Tages auf der Couch sitzen/liegen, während ich die Bude auf Vordermann gebracht habe.
Ja, es ist verdammt anstrengend, aber was muss das muss.
5. Tag Post-OP. Es geht alles langsamer und mühseliger voran als gedacht. Die Nacht war für Bine schlimm, sie konnte nicht schlafen. Auf der Couch gegen mittags holte sie etwas nach. Aber heute waren wir das 1. Mal seit der OP draußen. Dennoch fährt der Kreislauf weiter Achterbahn und mehr als 1 Mal um den Block ging nicht. Also immer dran bleiben und täglich steigern.
Der 8. Tag nach der OP. Es geht mühselig voran. Die Schmerzen sind vor allem an den Oberschenkelinnenseiten und den Kniekehlen, wo sich die teils massive Schwellung ausbreitet. Die Nahtstellen sehen alle sehr gut aus. Schmerzmittel ist dennoch täglicher Begleiter. Ebenso Thrombosespritzen als auch Arnikagel und -tabletten gegen die Schwellungen.
Gestern waren wir erstmal etwa 600 m gelaufen, jedoch mit vielen Pausen und gegen Ende mit starken Schmerzen. Aber da muss Bine durch, sie ist noch bis 27.7. zuhause und muss danach wieder arbeiten. Daher muss sie fitter werden. Aber alles nacheinander.
Gestern haben wir alle Pflaster entfernt und durch Micropore Streifen ersetzt wegen der Fäden. Manche Pflaster hatten tatsächlich etwas Zug und sorgten zusätzlich für Schmerzen.
Zudem war Bine gestern duschen und inkl. Nachsorge, Aus- und Anziehen, Eincremen mit Arnikagel usw. dauerte es fast zwei Stunden.
Da aber die Schwellungen für ordentliche Probleme beim Aufstehen und Laufen sorgen, ist die emotionale Seite oftmals sehr stark präsent.
Aber so langsam wird es besser. Mühsam ernährt sich das Einhörnchen.
Ich muss aus meiner Position sagen, dass es doch sehr nervenaufreibend und anstrengend ist. NNich nur, da mene Frau permanent Schmerzen hat, selbiges schwer zu ertragen ist und alles an Arbeit (logischerweise) an mir hängen bleibt, es ist ja nicht die einzige Baustelle, die bei mir derzeit besteht (s. z.B. den anderen Blogeintrag). Es ist alles viel auf einmal, nur mit dem Unterschied, dass das hier auf lange Frist einen Mehrwert hat, der zwar teuer bezahlt (finanziell wie nervlich) ist, aber dann hoffentlich für eine deutliche Verbesserung von Bines und meinen Lebensumständen sorgt.
14 Tage nach der OP.
Der Doc war zufrieden. Alle 21 Fäden sind gezogen. Sie soll weiterhin viel kühlen, ausgedehntere Spaziergänge und sonst Beine hochlegen. Auch Eincremen mit Arnikagel machen wir weiter. Doof nur, dass Bine nichts an Wundflüssigkeit o.ä. "rausgelassen" hat.
Der Körper baut also das noch fortlaufend ab. Und die Blutergüsse sind teils für die vergangene Zeit nach der OP noch massiv. Aber Dr. Stoff erklärt auch, dass bei der Wundfläche ca 1 bis 2 Liter Blut und Wundflüssigkeit an die abgesaugten Stellen läuft.
Ende September ist die nächste geplante Kontrolle und direkt Vorgespräch für OP Nr. 2, dann wahrscheinlich die Arme.
Knapp 4 Wochen nach der 1. OP.
Die erste Arbeitswoche ist geschafft. Es ist mühselig, aber funktioniert. Nur ist meine Frau nicht die Geduldigste, es geht nicht schnell genug. Das Ergebnis aber ist sehr schön. Lediglich daa heiße Wetter ist verdammr unerträglich,trägt Bine doch Tag und Nacht die Beinkompression. Und die Wassereinlagerungen sind enorm.
Dennoch können sich die Beine schon sehen lassen, so sehr sie noch schmerzen.
29.09.2018
Mittlerweile sind einige Wochen seit der OP vergangen. Neben etwas Gewichtsverlust (etwas gut über 3 kg) und einem Umfangsverlust an den Beinen von je etwa 3 cm im Durchschnitt, fällt meiner Frau das Laufen deutlich leichter. Es sind noch teils deutliche Schwellungen zu sehen und tiefsitzende Hömatome kommen langsam an die Oberfläche. Aber insgesamt können wir schon jetzt sagen, dass es sich mehr als gelohnt hat!
Die Planung zur nächsten OP - beide Ober- und Unterarme - am 30.10.2018 läuft bereits.
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